Kostanai

Hier erst einmal ein kleiner Nachtrag zu Gestern.

Zu den Erdnüssen: Ich sitze dort also am Flughafen und verspüre langsam etwas Hunger. Glücklicherweise habe ich ja noch eine Packung Erdnüsse vom Essen aus dem Flieger. Also voller Vorfreude die Packung rausgeholt und geöffnet. Hmmm… Erdnüsse. Aber kaum ertönte das Geräusch der geöffneten Tüte, setzte sich der kleine Frechdachs schon in Bewegung. Nach meiner zweiten Erdnuss registriere ich eine Person neben mir. Es ist ein kleiner Junge, vielleicht 5 Jahre alt. Wie ein bettelnder Hund schaut er mich mit großen Augen an. Na gut, denke ich und halte ihm die Tüte hin. Er kann sich ja auch eine Erdnuss nehmen. Aber der Kleine hat andere Dinge vor und schnappt sich die ganze Tüte, grinst mich an und läuft weg. Etwas leise höre ich ihn noch „Spacibo“ (Danke) nuscheln. „Poschalsta“ (bitte) rufe ich und denke daran, was man nicht alles für die Völkerverständigung macht.

Zu Burger King: Später habe ich dann tatsächlich Durst. Und wieder einmal stehe ich bei dem Thema Getränke vor zahlreichen Problemen. Ich habe natürlich ganz vergessen Rubel einzutauschen und Sitze nun ohne Zahlungsmittel im Transitbereich in Russland fest. Einen Automaten hat es hier nicht. Oh, es gibt Läden die Euros akzeptieren. Super! Schade, dass ich vor der Reise alle Euros aus meinem Portemonnaie aussortiert habe. Wer denkt schon, dass er Euros in Kasachstan braucht. Irgendwann beschließe ich dann in den Duty Free Shop zu gehen. Neben ganz viel Alkohol und Süßem finde ich tatsächlich in der hintersten Ecke einen Schrank mit Erfrischungsgetränken. An der Kasse möchte die Kassiererin mein Ticket sehen. Kein Problem. Oh, doch ein Problem. Denn Duty Free ist für Reisende nach Weißrussland und Kasachstan nicht erlaubt. Das hat mit Eurasischen Wirtschaftsunion zu tun. Höhere politische Macht zwingt mich also dazu, die zwei Getränke stehen zu lassen. Nach fast 7 Stunden Warten probiere ich dann mein Glück bei Burger King. Wow, man spricht englisch, man akzeptiert Kreditkarten und ich bekomme eine kühle Pepsi. Danke Burger King!

Zur netten Arla. Arla sitzt im Flug nach Kasachstan neben mir. Sie spricht mich an und deutet auf die Lüftung. Ich nicke zustimmend und drehe für sie die Lüftung auf. Dann sagt sie noch etwas und lacht. Ich habe keine Ahnung was sie sagt, grinse aber mit. Lachen soll ja verbinden, während ich hoffe, dass meine Unwissenheit nicht auffliegt. Dann, noch ein Kommentar in meine Richtung. Ich Stimme ihr zu „Da, da“. Sie ist zu Frieden, das Flugzeug hebt ab, wir sind in der Luft. Ich versuche etwas zu schlafen. Dann kommt das Board- Essen. Arla dreht sich wieder zu mir. Dieses mal klingt es nach einer Frage. Oh Nein! Ich schaue ratlos um mich, während sie mich an starrt und auf eine Antwort wartet. Der Betrug des russisch verstehenden Matthias fliegt auf…und davon. Ein Glück habe ich vorher noch den Satz “ Ich spreche nur wenig russisch“ geübt, denn ein plumpes „ich verstehe sie nicht“ wäre sicher richtig blöd gekommen. Sie lacht und freut sich. Ich freue mich auch. Es gibt ja schließlich auch Essen. Später kommen wir noch oft ins Gespräch. Ich erfahre, dass sie gerade bei ihrem Sohn in Houston war. Der arbeitet dort in einer IT- Firma. Sie scheint sehr stolz auf ihn zu sein. Nach dem Flug fährt sie noch 60 km nach Hause und freut sich schon aufs baden. Alle diese Angaben sind natürlich ohne Gewähr aber das habe ich alles so zumindes verstanden.

Dann landet das Flugzeug. Ich war und bin endlich in Kasachstan. Das erste Gefühl? Angst! Aus dem Flieger hat man schon die Ausmaße des Landes gesehen. Eine komplett flache Ebene, übersät mit kleinen Sümpfen und Gewässern, deren Grenze sich am Horizont mit dem Himmel zu vereinen scheint. Hier wollte ich also hin. Warum? Das frage ich mich, als das Flugzeug aufsetzt. Meine Registrierung bekomme ich relativ unkompliziert und dann geht es ans Fahrrad. Das kommt leider mit abgebrochenen Lenkergriff und verbogener Gangschaltung an. Das ärgert mich sehr. Was mich allerdings freut ist, dass ein Mitarbeiter des Flughafenpersonals mir beim Fahrrad aufbauen hilft. Als dann alles soweit ist, verlasse ich den Flughafen und irre etwas in und um Kostanai umher. Die Leute schauen mich an, als sei ich ein bunter Hund. Einige lachen freundlich, andere strecken den Daumen aus dem Auto oder winken. Die Menschen sind freundlich. An einer Kreuzung werde ich von 5 Männer angesprochen. Ich gehe zu ihnen hin und jeder begrüßt mich erst einmal mit Vorstellung und persönlichem Händedruck. Was für ein freundliches Land. Einer der Männer sagt mir, wo ich das nächste Hotel finden kann. Es dauert auch nicht lang, dann habe ich es auch erreicht. An der Rezeption merke ich schnell, dass hier wirklich kaum jemand englisch spricht. Aber ich kann ja ein wenig russisch. Der gute Viktor passt für einen kleines Trinkgeld auf mein Fahrrad auf und ich kann erst einmal schlafen gehen.

Nachdem ich ein paar Stunden geschlafen habe, wird es Zeit mir mal die Stadt anzusehen. Was mir sehr schnell auffällt, dass die Straßen sehr staubig und dreckig sind. Nicht voll Müll sondern Sand, Steine, Lehm. Eine Kehrmaschine scheint man hier nicht zu kennen. In vielen abgestellten Autos sitzen Männer und gucken. Das verstehe ich nicht. Warum? Haben die nichts zu tun? Die sitzen einfach so im Auto rum. Das habe ich schon in Israel teilweise beobachten können. Die Menschen wirken alle sehr freundlich und sehen ethnisch sehr unterschiedlich. Einige sehen sehr chinesisch aus, andere wiederum mongolisch, viele aber auch sehr europäisch. Man ist hier sehr modern gekleidet, vor allem die Frauen. Ein Land, dass sich zu 75% zum Islam bekennt und ich sehe nicht ein Kopftuch. Smartphones, Selfies, kurze Röcke und sehr viele lachende Menschen. Und dann passiert es: ich begreife nun endlich, ICH BIN IN KASACHSTAN! Juhu! Ich freue mich auf die kommenden Monate und alles was da noch kommen mag. Ich bin optimistisch und habe ein echt gutes Gefühl, dank der sehr freundlichen Gastgeber.

Die nächsten Einträge werden wahrscheinlich nicht mehr so lang. Faule Leser unter euch können also beruhigt sein. Bis morgen bleibe ich noch hier im Hotel und kümmere mich um meine SIM-Karte und mein Fahrrad. Hier noch ein paar erste Eindrücke aus KostanaiIMG_20150514_193518IMG_20150514_191900IMG_20150514_191738.IMG_20150514_194135 IMG_20150514_192643

2 Gedanken zu „Kostanai

  1. Digga… ich hoffe dein Fahrrad und das GPS sind wieder fit!? …Schön dass du gut angekommen bist! Viel Erfolg weiterhin! Und lass dich nicht wieder beklauen 🙂

  2. Hey kleiner Bruder…Nachdem Mutti mir den Link geschickt hat,verfolge ich nun deine Kasachstan-Reise natürlich daheim am Rechner mit.Gut,daß du erstmal gut angekommen und auf nette Leute gestossen bist.Natürlich bis auf den ‚Frechdachs‘,der wohl auch hungrig war.Wenigstens hat er sich ja bedankt bei dir…Das dein Bike nicht so gut ankam,ist natürlich weniger erfreulich.Ich wünsche dir auf alle Fälle für deine weitere Reise alles Gute und natürlich auch viel Spass.Denk ma,die Kasachen sind schon ein lustiges Völkchen und das Bedenken von den Ellis ist da eher unbegründet.Ich hoffe aber natürlich auch,daß du gesund und heil wieder nach Hause kommst,nachdem du dir deinen Lebenstraum erfüllt hast.Also,hat die Ohren steif und bleib gesund und wenn ich mal mit Russisch-Kenntnissen aushelfen soll,dann meld dich ruhig.Viele Grüsse aus Lauchhammer von deinem Bruder

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