Arenal-See und die Suche nach altem Glanz vergangener Tage

Tag XV 01.01.17

Neues Jahr – Neues Glück. Also: Blick zum Fenster raus? Sonnenschein! Das fängt ja gut an. Im Hotel liegt ein altes Prospekt aus, welches auf nahegelegene Sehenswürdigkeiten hinweist. Die wollen wir uns heute mal angucken – dieses Mal allerdings zu Fuß.

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Unter quietschenden Todesfallen

Im Prospekt ist die Rede von einem nahegelegenen Windpark mit modernsten High-Tech-Windrädern. Der Ort gilt als der windigste der Welt, so dass es natürlich sinnvoll ist, die Windräder hierhin zu stellen. Es ist nur ein kurzer Spaziergang, vielleicht 2 Stunden lang. Und als müsste der Ort uns beweisen, dass er tatsächlich der windigste der Welt ist, stürmt es ungemein – obwohl wir sonst schönes Wetter haben. Was wir relativ schnell erkennen: die Windräder sind definitiv Hightech – im Jahre 1980 gewesen. Rostig quietschen sie vom Wind, zum ewigen Drehen verflucht, direkt neben dem Weg. Uns wird ein bisschen mulmig. Was machen wir, wenn so ein Rotorblatt herunterfällt? In welche Richtung sollen wir rennen? Es ist tatsächlich so stürmisch, dass wir uns aneinander festhalten müssen, um nicht weg zu fliegen. In den kurzen windstillen Momenten, genießen wir die Aussicht über den See und die umliegenden grünen Hügel. Ein paar Kühe stehen hier ebenfalls auf der Weide.

Nach dem Spaziergang geht es zu einem nahegelegenen ….ja…. was eigentlich. Im Prospekt ist von Dschungel, Wasser und uralt die Rede. Wir haben keine Ahnung was uns erwarten könnte und vor allem keine Ahnung, was uns tatsächlich am Ende erwartet. So fahren wir los, halten uns an die sehr vagen Wegbeschreibung, die ungefähr so geht: „von einem Dorf ins nächste über den Feldweg, nach der Kirche rechts und über die kleine Brücke, dann links und dann durch das nächste Dorf, dann links, rechts, rechts, hinter einem Gebüsch ist ein Parkplatz“. Ah ja.

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Susan gegen den Rückwärtsgang

Das Dorf finden wir, die Kirche auch, den Feldweg ebenso. Doch dann wird es heikel: Der Feldweg ist ca. 3 m breit und nicht wirklich für Gegenverkehr gedacht. Sollte uns ein Auto entgegenkommen, müssten wir .. ja… irgendwie verschwinden. Es gibt keine Chance einem Auto auszuweichen. Ein Auto kommt uns auch nicht entgegen, sondern ein vollbeladener LKW. Er zeigt uns an, wir sollten rückwärts die Straße einen Hügel hochfahren. Susan ist panisch. Ich beruhige sie. Sie wird noch panischer. Ich glaube an sie – sie nicht. Doch es nützt alles nichts. Obwohl Susan rückwärts fahren hasst, legt sie den Rückwärtsgang ein und gibt Gas – langsam und vorsichtig. Kaum haben wir uns einen Meter vom LKW entfernt, schließt er auf und scheint uns mit einer unsichtbaren Barriere zwischen den Autos den Hügel hochzuschieben. Auf dem Hügel angekommen fahren wir neben einem Baum auf die Wiese. Der LKW-Fahrer zeigt sich beeindruckt, bedankt sich mit einem Wink und fährt weiter. Susan kann jetzt wieder atmen. Wir bleiben noch eine Weile so stehen, bevor es weiter geht. Wir können jetzt auch wieder grinsen und lachen über diesen Zufall, dass wir das gerade machen mussten. Dann fahren wir weiter. Ich gucke Susan an, Susan guckt mich an – alles gut. Wir gucken nach vorn, nächster LKW – nichts ist mehr gut. Wieder müssen wir zurück fahren, wieder macht das Susan einwandfrei, wieder bedankt sich der LKW-Fahrer. Wir haben langsam die Schnauze voll und geben Gas. Wir wollen endlich runter von der LKW-verseuchten Einbahnstraße im Niemandsland. Ein paar Kreuzungen später, fahren wir mal links, dann mal rechts, dann drehen wir um und versuchen eine andere Kombination. Wir haben keine Lust mehr und wollen eigentlich zum Hotel zurück. Doch eine links-rechts-Kombination probieren wir noch aus und dann stockt uns der Atem.

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Der Zahn der Zeit

Wir haben unser Ziel erreicht. Wie im Prospekt beschrieben liegt nun vor uns ein Parkplatz, mit offenem Tor und gegenüber ein Wanderweg die Böschung hinunter zum Fluss. Es besteht kein Zweifel – wir haben es gefunden. Doch scheint das alles aus einem anderen Jahrhundert zu sein. Das Tor zum Parkplatz ist im höchsten Maße verrostet und zugekettet. Den Parkplatz dahinter können wir nur mit viel Fantasie zwischen all dem grünen Gebüsch erahnen. Die Zufahrt von der Straße selbst ist schon lange weggespült und eine nicht passierbare Mulde verhindert den Zugang zum Parkplatz. Der Wanderweg hinunter zum Fluss ist ebenfalls zugewachsen. Das alles schockiert uns deshalb, weil wir jetzt erst begreifen, wie lange es her sein muss, dass hier der Tourismus florierte. Es zeigt uns auch, wie alt unsere Unterkunft ist und wie sehr die touristische Infrastruktur gepflegt, bzw. nicht gepflegt wird. In einer leicht morbiden Stimmung treten wir den Rückweg an. Alles hat sein Verfallsdatum – der Windpark, die Anlage hier (was auch immer das sein sollte) und das Hotel, zu dem wir gerade zurück fahren.

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