Vulkan Irazu, Nationalpark „Prussia“ und Ausbruch des Turrialba

Tag XX 06.01.17

Gestern hatten wir nur ein bisschen Vulkan. Ein bisschen Vulkan ist kein Vulkan. Deshalb geht es heute auf den sehr bekannten und (laut Reiseführer) schönsten Vulkan Costa Ricas – den Irazu. Mit 3.400m Höhe wird das einer der höchsten Berge / Vulkane, die ich je besteige.

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Kaffee mit Baguette

Wir fahren sehr früh los und hoffen, dass es keinen großen Touristenandrang gibt. Wir befürchten das schlimmste. Auf dem Weg zum Krater, dieses Mal übrigens auf einer wunderbaren Straße, sehen wir schon die Rauchwolken des Nachbar-Vulkans, des Turrialba. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern und drücken aufs Gaspedal. Kinder, Touristengruppen, Franzosen, fotografierende Asiaten – wir müssen erster sein. Und -ZACK- da stehen wir mit dem Auto vor dem Eingang. Doch wir haben Pech: wir sind nicht erster – wir sind dritter. Vor uns sind also noch zwei Autos. Allerdings macht das überhaupt nichts, denn der Vulkan hat noch gar nicht geöffnet.

 

Kratersee Vulkan Irazu

Kratersee Vulkan Irazu

Etwa 10 Minuten nach unserer Ankunft kommt der Wärter mit einem Jeep angefahren. Gemütlich setzt er sich in sein Wärterhäuschen und macht sich eine Tasse Kaffee. Man soll den Tag ja gemütlich starten. Im ersten Auto sitzt eine Gruppe Franzosen, die nicht gerade darüber erfreut sind, dass sie keinen Studentenrabatt bekommen. Okay – nochmal langsam: Franzosen wollen in Costa Rica Rabatt beim Eintritt zu einem Vulkan, weil sie Studenten sind. Das ist auf so vielen Ebenen falsch. Wieso muss man überhaupt bezahlen um einen Vulkan zu sehen? Warum sind hier so viele Franzosen? Und warum muss der erste Gast, des heutigen Tages auf dem Irazu-Vulkan, eine auf Krawall gebürstete Französin sein. Die hintere Tür des Autos geht auf und noch mehr Franzosen steigen aus und machen sich Luft. Ich wette, die erste Kaffeetasse des Wärters ist noch nicht mal leer und dann schon so ein Stress. Aber er bleibt hart und die Franzosen müssen zahlen, was auch alle anderen zahlen. Wir kommen auch endlich durch und bezahlen mit einem Lächeln. Der Wärter kann ja nichts dafür, dass der Vulkan solche Preise nimmt.

 

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Etwas stimmt hier nicht

Vulkan Irazu

Vulkan Irazu

Als wir vom Parkplatz in Richtung Krater laufen fällt uns auf, dass es hier sehr matt – ja direkt kontrastarm – aussieht. Keine knalligen Farben, wie im Rest Costa Ricas. Überall nur grau. Dann schauen wir uns die Pflanzen etwas näher an und sehen, wie sie mit einer dicken Schicht Asche bedeckt sind. Ein paar Minuten vom Parkplatz entfernt geht es neben dem Weg steil bergab in einen Krater, auf dessen Boden ein fast ausgetrockneter, trauriger Tümpel liegt. Kein Vergleich mit dem leuchtend türkisen See, den wir aus dem Reiseführer und den Broschüren kennen. Nun eröffnet sich ein weites Gelände, welches einer Mondlandschaft ähnlich sieht – staubig, grau und trostlos. Auf der einen Seite verläuft die Ebene hinauf zur Vulkanspitze, auf der anderen Seite fällt sie ab in das Tal. Es gibt zwei Krater – der eine mit Tümpel, der andere mit Geröll. Allerdings ist dieser Vulkan völlig unspektakulär.

 

Die wahre Attraktion ist der Turrialba. Rings um uns herum wird der Himmel mit einer gigantischen Aschewolke verhüllt. Diese zieht bedrohlich Richtung Hauptstadt. Wir denken mit Sorge an unseren Rückflug, der ja schon übermorgen ist. Hier auf dem Boden, in dieser Mondlandschaft gibt es nicht wirklich viel zu entdecken. Auf der Vulkanspitze machen wir noch ein Foto von uns und versuchen dann einen besseren Blick auf den aktiven Vulkan zu bekommen.

 

Ausbruch des Turrialba

Ausbruch des Turrialba

Wir folgen den Anweisungen unseres Gastgebers und fahren eine kleine Seitenstraße direkt hinter dem Wärterhäuschen hinein. Nach zwei Minuten Fahrt haben wir freie Sicht: Einfach nur Wahnsinn. Dieser unvorstellbar große Vulkan, diese riesige Aschewolke und die unglaublich große Fläche am Rande des Vulkans, die bereits bis ins Tal grau bedeckt ist. Wir sind allerdings nicht die einzigen hier: neben uns sitzen noch zwei Mädchen und hinter uns ist ein Kameramann am Start. Später wird sich zeigen, dass wir in der staatlichen Nachrichtensendung erscheinen.

 

 

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Bier und Party im Dschungel

Es ist Mittag und wir fahren zu einem anderen Teil des Nationalparks. Als wir dort ankommen, zeigen wir unser schon am Vulkan bezahltes Ticket. Ist ja der gleiche Nationalpark. „Nö“ – sagt der Wärter und kassiert noch einmal ab. Ist ja schließlich ein anderer Eingang. Achso ist das – ja, da kann man natürlich nochmal Geld nehmen.

 

Nationalpark Prussia

Nationalpark Prussia

Dieser Teil des Parks enthält ein paar Wanderwege durch die grünen Wälder, die zu Füßen des Vulkans liegen. Die Wege sind etwas wirr angelegt und die Orientierung fällt oft nicht leicht. Was uns sofort auffällt: Hier sind wir definitiv nicht allein. Viele Jugendliche kommen hierher – zu diesem schönen beschaulichen Fleckchen Natur – und hören Musik, bringen eine Kühlbox mit Bier mit oder müssen endlos in ihr Handy quatschen. Was läuft denn da falsch? Wir wissen es nicht. Es ist überall laut. Mit etwas Glück finden wir dann tatsächlich einen Weg, den nicht so viele Leute gehen. Viele der Bäume sehen einfach beeindruckend aus – Form, Farbe, Vielfalt, Alter. Tiere sehen wir kaum, außer ein paar Vögel.

 

Nationalpark Prussia

Nationalpark Prussia

Dann plötzlich ein sehr lauter Knall. Ich drehe mich noch zu Susan um und sage „Ich glaube, der Vulkan ist gerade explodiert“. Doch dann ist es wieder still. Ich überlege mir, was wir wohl in so einer Situation überhaupt machen können – also Vulkanausbruch. Ob es da einen Trick gibt? Hinlegen und warten, bis die Lava vorbeifließt? Ich denke an die Menschen in Pompeji. Vorbei  an den feiernden Jugendlichen bahnen wir uns letztlich einen Weg, wo fast niemand mehr ist.

 

 

 

Nationalpark Prussia

Nationalpark Prussia

Hier bekommt Susan Angst, dass wir uns verirrt haben und es nicht pünktlich zum Auto schaffen. Der Parkplatz schließt 16 Uhr schon die Tore. Hier draußen im Dschungel hat man jegliches Zeitgefühl verloren. Es ist zwar noch lange nicht 16 Uhr, allerdings haben wir auch keinen Plan, wie lange wir noch bis zum Parkplatz brauchen. Hinweisschilder?Fehlanzeige! Ich lasse mich von der Hektik und der Panik nicht anstecken und schieße Fotos von übergroßen Blättern und Bäumen, die mit ihren verbundenen und zugewachsenen Ästen über 20m hohe grüne Wände bilden.

 

 

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Neugierig zum Vulkanausbruch

Als wir zum Parkplatz kommen ist es noch lange nicht 16 Uhr. Wir steigen ins Auto und wollen wieder zur Unterkunft fahren. Doch wir sind auch neugierig, was der ausbrechende Vulkan macht. Wir fahren also noch einmal zu dem Platz, an dem wir am Morgen schon waren. Doch dann wird es etwas gruselig – selbst mir. Je höher wir fahren, desto dicker wird die Luft. Die Straße ist nun ebenfalls mit Asche bedeckt, Wiesen und umliegenden Häuser auch. Das war heute früh noch nicht gewesen. Hat sich die Lage wirklich so stark verschlechtert? Als wir wieder am Wärterhäuschen ankommen ist niemand da. Das Tor ist zu, der Wärter ist weg. Kein Tourist – weit und breit. Dabei ist es erst früher Abend und der Irazu einer der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Costa Rica.

Die Sichtweite ist auf unter 100 meter gefallen. Das Auto, die Windschutzscheibe, die Fenster – alles bedeckt von Asche. Durch die Lüftung dringt der Asche-Geruch in das Autoinnere. Wir fahren schnell zu der Stelle von heute morgen und sehen so gut wie gar nichts. Nicht einmal in das vor uns liegende Tal können wir schauen – alles verdeckt. Da wir wenig Erfahrung mit Vulkanen und deren Gefahr haben, fahren wir mit durchdrehenden Rädern wieder weg. Etwas fahrlässig rasen wir vom Berg hinunter. Wir haben Angst. Wir wissen nicht, ob uns gleich ein Lavabrocken im Auto erschlägt oder die Aschewolke komplett einhüllt. In der Unterkunft fragen wir an der Rezeption, wie die Gefahr einzuschätzen ist. „Welche Gefahr?“ „Na von dem ausbrechenden Vulkan?!“ „Ausbrechend? Ach, der spuckt nur etwas Asche.“ Okay, das scheint hier also normal zu sein. Trotzdem haben wir ein ungutes Gefühl für unseren bevorstehenden Heimflug.

Nationalpark Prussia

Nationalpark Prussia

Nationalpark Prussia

Nationalpark Prussia

Vulkan Irazu

Vulkan Irazu

Asche aus dem Turrialba bedeckt de Vulkan Irazu

Asche aus dem Turrialba bedeckt de Vulkan Irazu

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